Messan - Ein Herz für Togo

Messan, der Präsident von AGERTO, wirkt bescheiden - er stellt lieber seine Organisation in den Vordergrund als seine Person und doch, wenn man in Kpalimé in sein Büro kommt, hängen Fotos mit ihm und wichtigen Personen. Irgendetwas besonders muss es mit dem Togoer auf sich haben. Leute, die Messan nicht kennen und ihn das erste Mal sehen, schließen ihn sofort ins Herz, ohne zu wissen, wer dieser Mann eigentlich ist.

 

Dank seinem starken Willen doch noch eingeschult....

 

Messan wurde 1960 geboren. Er war eines von 26 Kindern, die sein Vater mit sechs Frauen hatte. Sein Vater war oft tagelang als Jäger auf der Suche nach Hasen, Wildhühnern aber auch Giraffen und Elefanten unterwegs. So hatte die Familie immer genügend Fleisch. Alles andere fehlte jedoch kläglich. An eine Schulbildung war wegen der ärmlichen Verhältnisse vorerst nicht zu denken. So wurde Messan erst im Alter von zehn Jahren auf Grund seines schon damals sehr starken eigenen Willens eingeschult. Die erste Schuluniform von Messan wurde aus Bettlacken gefertigt. Sein Vater tat alles Mögliche für seine vielen Kinder, so dass alle letztendlich die Schule besuchen konnten.

 

Obwohl Messan jeweils zu den Klassenbesten gehörte, wurde er von den Lehrern nicht gerne gesehen. Er hat sich vehement gegen die willkürlichen Schläge seiner Lehrer gewehrt und musste deswegen mehrmals die Schule wechseln. Nach einigen Jahren durfte Messan dann, auf Grund seiner guten Noten, in die Oberschule in die Küstenstadt Anecho wechseln. Anfangs war es schwer für ihn, so weit von zu Hause zu sein. Er war der Ärmste in der Klasse und hatte am Anfang keine Freunde. Nach und nach freundete er sich dann mit den reicheren Klassenkameraden an. Auch in der Oberschule fiel Messan das Lernen leicht und er konnte dank seiner Begabung mehrere Schuljahre überspringen.

 

Die Wanderjahre (Benin und Nigeria)...

 

Die Familien, mit denen sich Messan in der Zeit in Anecho anfreundete, ermöglichten ihm direkt nach seinem Schulabschluss nach Nigeria zu gehen. Doch fühlte sich Messan in der Umgebung dieser reichen Familien nicht wohl, das luxuriöse Leben entsprach ihm nicht. Er zog nach Benin weiter mit dem Ziel, dort einen Beruf zu erlernen. Er fand eine Lehrstelle als Schweißer und lebte während der Ausbildung sehr bescheiden. Nachts schlief er in der Werkstatt zwischen den Eisenstangen. Am Samstag ging er an den Strand um Krebse zu sammeln. Ein Teil davon diente ihm als Nahrung, die restlichen Krebse verkaufte er.

 

Konzertorganisator und Benzinschmuggler...

 

Während seiner Lehrzeit entwickelte sich eine Freundschaft zu einem Sänger, der sein Studio direkt neben seiner Lehrwerkstatt hatte. Messan schrieb für ihn Songtexte. Nach drei Jahren als die Lehrzeit von Messan abgeschlossen war, ermöglichte ihm der befreundete Sänger den Einstieg in die Welt der Musikkonzerte. Messan organisierte in Togo zahlreiche Konzerte von westafrikanischen Sängern. Nicht immer waren jedoch die Auftragsbücher voll. In schwierigeren Zeiten schmuggelte er Benzin zwischen Benin und Nigeria. Es war ein so gefährlicher Job, dass zahlreiche seiner Schmugglerkollegen bei den nächtlichen Touren sogar ihr Leben verloren. Messan hatte aber Glück, war vielleicht auch etwas geschickter und schlauer als seine Arbeitskollegen und konnte sich dank seiner erfolgreichen Schmuggelfahrten ein ordentliches Geldpolster auf die Seite legen.

 

Ein erster Kontakt mit Europa...

 

Es war Messan ein Dorn im Auge, dass in Europa Autos verschrottet werden, die aber in Afrika dringend gebraucht werden könnten. Von Togo aus baute er zusammen mit seinem Bruder einen Autohandel mit Gebrauchtwagen aus Deutschland auf. Eines Tages dachte er, dass er die Provision, die sich deutsche Händler einsteckten umgehen könnte. Er nahm einen Bankkredit auf und machte sich auf den Weg nach Deutschland. Seine Frau und die beiden Söhne kamen später nach.

  

In Deutschland...

 

Messan kam im Jahre 1995 in Halle an der Saale in Deutschland an. Er konnte sich zwar auf Englisch und Französisch unterhalten, der deutschen Sprache war er aber noch nicht mächtig. Anfangs war es für ihn schwierig, trotz des Autoexportgeschäfts über die Runden zu kommen. Schon bald war sein Autoexporthandel nur noch eine Nebenbeschäftigung. Da er verschiedene Dialekten aus Nigeria, Benin und Togo beherrschte konnte Messan schon bald als Gerichtsübersetzter arbeiten. Zuerst übersetzte er alles auf Englisch, doch nach und nach lernte er auch Deutsch auf der Straße und war dieser Sprache dann nach einiger Zeit so mächtig, dass er nun die afrikanischen Sprachen direkt ins Deutsche übersetzte.

Neben seiner Tätigkeit als Übersetzer half er in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, Caritas und Amnesty International Afrikanern in Deutschland, die angeklagt worden sind oder sonst in Schwierigkeiten steckten. Messan entwickelte sich zu einem wertvollen Vermittler, so dass es ihm auch erlaubt war, afrikanische Drogenhändler im Gefängnis zu besuchen und mit seinen Sprachkenntnissen diese nach ihren Bedürfnissen zu fragen, damit sie mit dem Handeln von Drogen aufhörten. Er sagt: „Ich komme mit allen aus und für mich ist es das Allerwichtigste, mit meinem Gewissen im Reinen zu sein." Die so gefragten Vermittler- und Sprachfähigkeiten von Messan waren auch der Grund, dass er von Halle an der Saale nach Köln und Hannover versetzt wurde. Messan hat kurz nach der Jahrtausendwende die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

 

Zwar war die Tätigkeit für Messan sehr befriedigend, da er vielen afrikanischen Menschen in Deutschland helfen konnte, die in schwierige Situationen geraten waren. Messan größter Wunsch war aber, die Leute in seinen Heimatland Togo direkt vor Ort zu unterstützen. 1999 kehrte Messan nach Togo zurück und gründete seinen Verein AGERTO, mit dem Ziel, Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen Ausbildungsmöglichkeiten anzubieten. Doch ein Verein ohne Geld nützte nichts.

 

Geld verdienen für sein Projekt in Europa und den USA...

 

Um Geld für sein Projekt aufzutreiben, reiste Messan erneut ins Ausland. Zuerst arbeitete er zwei Jahre als Chef einer Verpackungsabteilung in einer Müesli-Fabrik in der Bretagne (Frankreich). Dann folgten zwei Jahre in New York als Übersetzter, davon einen Monat lang auch als Sicherheitsfachmann. Ganz abrupt endete jedoch dort seine Anstellung, da er bei einem Raubüberfall keine Chance sah, die Räuber mit seiner kleinen Pistole zu verjagen, floh er lieber.

 

Messan erinnerte sich gerne an seine Zeit als Gerichtsübersetzter, als er gutes Geld verdienen konnte. Er fand dann eine Anstellung und zog ins bayrische Würzburg. Hier schaffte er sich Kontakte, die für seine späteren Projekte mit AGERTO existenziell waren.

 

Der Startschuss...

 

Im Jahr 2006 war es dann soweit. Messan kehrte jetzt endgültig nach Togo zurück und gründete sein erstes Ausbildungszentrum für Lehrlinge in Kpalimé. Die lokale Regierung stellte ihm Land zur Verfügung und Messan bebaute das Grundstück. Eine Krankenstation, je eine Werkstatt für Schreiner und Schweißer, ein Atelier für die Schneiderei und Weberei, einen Computerraum für die Lehrlinge, Unterkünfte, ein Lagerhaus, Schweineställe und einen Ziehbrunnen sprossen aus dem Boden. Zahlreiche Volontäre und verschiedene Geldgeber vor allem aus Deutschland unterstützten ihn dabei. Die zahlreichen Beschriftungen in deutscher Sprache an den Gebäuden sind heute Zeuge davon.

 

Ebenfalls sind die deutschen Einflüsse in der Lehrlingsbetreuung zu erkennen. Jeder Auszubildende beherrscht die deutsche und togolesische Nationalhymne einwandfrei. Jeweils um 7.30 Uhr morgens werden diese beiden Lieder von den Lehrlingen gesungen und dabei an den beiden zentral platzierten Fahnenmasten die Flaggen gehisst.

 

AGERTO heute...

 

Inzwischen ist AGERTO auf drei Standorte in Togo verteilt. Geldnöte plagen heute den Togolesen ständig. Er hat so viele Projekte im Kopf doch der zur Realisierung notwendige Geldbeutel ist meist leer. Messan kämpft jedoch für all „seine“ Kinder. Mittlerweile sind es etwa 100 Lehrlinge. Dank seiner Frührente aus Deutschland und den Beiträgen von den Vereinen Hilfe für Togo, der evangelische Kirchengemeinde Esslingen und von weiteren Spendern schafft er es, die Zentren in Schwung zu halten und sogar noch ständig auszubauen. Er sagt, dass AGERTO sein Leben sei und seine Gedanken sich rum um die Uhr um dieses Projekt drehen würde. Es ist zu hoffen, dass diese Erfolgsstory in den nächsten Jahren sich wie bisher weiterentwickeln kann und Messan noch lange die Lebenskraft aufbringen kann, selbstlos für seinen Plan, eine bessere Zukunft dank Ausbildung für arme und bedürftige Jugendliche weiterkämpfen kann.